Probelauf für ein neues Verkehrskonzept im Stadtkern
Gleich mehrere Ziele sind mit dem Konzept verknüpft: Der Gänsmarkt soll mehr Aufenthaltsqualität bekommen, seinen Kreuzungs-Charakter verlieren und Fußgängern und Radfahrern mehr Raum geben. Der zentrale Stadtkern soll vom Durchfahrtsverkehr möglichst befreit werden. Und gleichzeitig ist vorgesehen, dass alle wesentlichen Bereiche nach wie vor mit dem Auto angefahren werden können, wenn man darauf angewiesen ist. Die Grundlage für all diese Ziele bilden Bürgerversammlungen und Befragungen sowie monatelange Verkehrszählungen und Analysen, die im vergangenen Jahr stattfanden.
Daraus hat sich ein Verkehrssystem entwickelt, für das nun vom 10. August bis Anfang/Mitte November der Praxistest ansteht. In diesem ersten Schritt geht es zunächst vor allem um geänderte Verkehrsströme. Weitere Aspekte wie die Einrichtung von Fahrrad- und Anliegerstraßen oder herabgestufte Geschwindigkeiten im erweiterten Innenstadtbereich werden bewusst noch nicht umgesetzt.
Das gilt es zu beachten:
- Der mittlere Gänsmarkt wird für Autos komplett gesperrt.
- Wer aus der Bahnhofstraße zufährt, muss künftig über die Härterichstraße ausfahren.
- Wer aus dem Ledermarkt zufährt, muss über die Holzapfelgasse oder die in der Verkehrsrichtung umgekehrte Nonnengasse ausfahren. Eine Zufahrt über die Kapuzinerstraße ist nicht mehr möglich.
- Die Törkelgasse wird zur Sackgasse.
- In der Münzgasse gibt es künftig Zweirichtungsverkehr. Hier wird die Durchfahrt mittels verschiedener Einbauten und aufgrund der parkenden Fahrzeuge bewusst verlangsamt. Denn die Fahrt über Kapuzinerstraße und Deutschordenplatz soll keineswegs als verheißungsvolle Abkürzung für durchfahrende Autos auf dem Weg von der Süd- zur Nordstadt wahrgenommen werden.
Gerade im Bereich des Schlosses und des Deutschordenplatzes mit seiner Außengastronomie fühlen sich Touristen und Passanten von Autos und deren Lärm und Abgasen gestört, wie sie der Stadt immer wieder rückmelden. Bereits in der Testphase wird deshalb nicht nur die Münzgasse verlangsamt, auch die Einfahrt in die Kapuzinerstraße wird bewusst unattraktiver gestaltet. Konkret verlängert die Stadt das ohnehin schon lange Rot-Intervall für Rechtsabbieger auf der Deutschordenstraße noch einmal um weitere 15 Sekunden. Der Appell an alle Autofahrer lautet, dass Kapuzinerstraße und Deutschordenplatz nicht als reine Durchfahrtsstrecke oder gar als Abkürzung angesehen werden. Deshalb wird alles Nötige unternommen, damit diese Strecke auch faktisch keine zeitliche Abkürzung ist.
Parallel zu den verkehrlichen Änderungen entwickelt sich auf dem Gänsmarkt ein neuer autofreier Platz. Die Stadt wird diesen in den nächsten Tagen und Wochen schrittweise gestalten, begrünen und mit Sitzgelegenheiten aus Holz möblieren. Die Gastronomie darf sich ausweiten, ganz neue Angebote werden geschaffen. „Wir laden Bürgerschaft und Gäste dazu ein, den Gänsmarkt in den kommenden Wochen immer wieder neu zu entdecken – auch zum Flanieren oder Verweilen“, betont Oberbürgermeister Udo Glatthaar die Chancen der geänderten Verkehrsführungen.
Für Schatten und einen echten Hingucker gleichzeitig sorgt die geplante Überdachung des Gänsmarktes mit bunten Schirmen. Sie soll bis Ende kommender Woche stehen. Dieses urbane Gestaltungselement hat es unter dem Titel „Umbrella Street“ zu weltweiter Bekanntheit gebracht und ist ein beliebtes Fotomotiv in sozialen Medien. „Die farbenfrohen Schirme passen perfekt zum Stadt-Motto ‚Lebensfreude‘ und sind damit auch die idealen Botschafter für das, worum es uns mit dem neuen Verkehrskonzept und dem neuen Gänsmarkt letztlich geht“, erklärt OB Udo Glatthaar.
Ein Hinweis ist der Stadt besonders wichtig: Bei einer derart umfangreichen Änderung der Verkehrsführung dauert es Wochen, bis sich die Neuerungen einspielen. Das ist nichts Ungewöhnliches und wird von Bauamt und Ordnungsamt bereits mit eingeplant. Deshalb ist die Testphase auch über ein knappes Vierteljahr angelegt. Die Stadtverwaltung wird die Situation auf den betroffenen Straßen und Plätzen genau analysieren und die weitere Entwicklung über den Sommer und Herbst hinweg auswerten. Der Gemeinderat erhält in jeder der kommenden Sitzungen einen aktuellen Sachstandsbericht.
Während des Testlaufs können Fußgänger, Rad- und Autofahrer, Gewerbetreibende und Anwohner jederzeit Rückmeldung in Form von Lob, Kritik und konkreten Verbesserungsvorschlägen an die Stadt geben. Dies ist über die Telefonnummer 07931/ 57-6605 sowie per E-Mail-an verkehrskonzept@bad-mergentheim.de möglich. Im September werden zudem die Gewerbetreibenden, Geschäfte, Dienstleister und Gastronomen nochmals direkt angesprochen.