Nachhaltige Stadtentwicklung

Ökologische Visionen für Bad Mergentheim
Ökologische Visionen für Bad Mergentheim

Wie verändern sich die Gesellschaft, die Wirtschaft und deren Anforderungen an die Stadt und den ländlichen Raum? Welche Mobilität bewegt uns in 15 Jahren und danach? Wie verändern sich das Klima und die daraus resultierenden Anforderungen an die Stadt? Wie können wir uns für die Zukunft wappnen? All diese Fragen werden im Stadtentwicklungskonzept, das derzeit erarbeitet wird, behandelt. Ziel ist es, durch die kommunalen Gremien, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung ein gemeinschaftliches Konzept zu erarbeiten. Realität- und Bürgernähe sind ausschlaggebende Faktoren für den langfristigen Erfolg und die Umsetzung der strategischen Entwicklungsziele. Daher ist die Lenkungsgruppe durch die Kommunalpolitik besetzt worden, welche als Entscheidungsträger und Multiplikatoren des Konzepts, die Verwaltung eng bei der Erstellung des Konzepts begleiten. Das Stadtentwicklungskonzept, das Themenbereiche wie Demografie, Wohnungsbedarf, Nahversorgung, Mobilität, Umwelt- & Klimaschutz umfasst, generiert eine "Nachhaltige Stadtentwicklung".

Im Jahr 2019 wurde im Rahmen der Landesgartenschaukonzeption auch das Thema Klimaanpassung betrachtet. Hierbei werden Aspekte des Klimaschutzes auf städtebaulicher Ebene, welche das gesamte Stadtgebiet betreffen, berücksichtigt. Zu den Maßnahmen zählen etwa Themen wie der Hochwasserschutz, der Lärmschutz, die Versorgung über das Fernwärmenetz sowie die Begrünung und Entsiegelung von Flächen. Diese weitestgehend städtebaulichen Potenziale werden in zukünftigen Planungen einbezogen und umgesetzt.

 


Klimaanpassung

Im September 2019 wurden mit Hilfe einer Wärmebildkamera Aufnahmen gemacht, um Flächen mit stadtklimatischen Aufwertungspotentialen zu identifizieren. Der im folgenden Ausschnitt dargestellte Bereich zeigt, in welchem Maß sich konventionelle Dachflächen im Zuge direkter Sonneneinstrahlung aufheizen. Im Wärmebild zu erkennen sind die kühlen Oberflächentemperaturen im Bereich der Tauber und angrenzenden Baumreihen. Daraus lassen sich entsprechende positive stadtklimatische Effekte durch die Neuplanung und Aufwertung von Wasserflächen (Rudolfsareal, Auenland) und Planung von Baumreihen (Iggersheimer Straße, Herrenwiesen-Quartier) ableiten.

 

   Luftbild                                                                                     Wärmebild

             

 

Als Anpassungsmaßnahmen können hier Dachbegrünungen temperatursenkende Effekte aufgrund von Verdunstungskühlung bewirken. Entsprechende Flachdächer von Bestandsgebäuden können bei gegebenen statischen Vorrausetzungen nachgerüstet bzw. Neubauten mit direkt mit Gründächern versehen werden. Dachbegrünungen bieten weitere positive stadtklimatische Eigenschaften, u.a. hinsichtlich der Bindung von CO2 und der Möglichkeiten als Regenwasserspeicher. Teil der Planung ist auch die Identifizierung von Entsiegelungspotentialen (siehe folgende Abbildung).

 

 

Im Herrenwiesenquartier wird durch die Konversion vom Gewerbegebiet zum Urbanen Gebiet ein Beitrag zur Klimaanpassung geschaffen. Flächen werden sukzessive entsiegelt und begrünt (siehe folgende Abbildung). Zudem sind energieeffiziente Wohngebäude mit Fernwärmeversorgung  vorgesehen, deren Primärenergiefaktor gegen null strebt. Auch im Auenland trifft zukunftssicheres Wohnen auf eine hohe Biodiversität. Das Entwicklungskonzept für das Auenland sieht im Sinne der Nachhaltigkeit vor, die Versorgung mit Naturwärme über das bestehende Kraftwerk des Stadtwerks Tauberfranken zu gewährleisten. Die jährliche Absatzmenge des Naturwärmekraftwerks Bad Mergentheim beträgt insgesamt ca. 35 Mio. kWh Wärme (Stand 2019). Die Hackschnitzel stammen zu 95 % aus einem Umkreis von 50 km. Verwendet wird Restholz aus der Waldbewirtschaftung, Straßenbegleitgrün und Landschaftspflegematerial. Das Naturwärmekraftwerk ist "wärmegeführt", d.h. die produzierte Wärme wird genutzt und Strom als zusätzliches Begleitprodukt produziert. Dadurch wird eine Energieeffizienz von über 80 % erreicht.


Mobilität neu denken

Die räumlich ungleiche Verteilung der Nahversorgung in der Stadt mit dem Schwerpunkt nördlich der Bahnlinie erzeugt viel Individualverkehr in und um die Altstadt – letztlich auch, weil die Erreichbarkeit zu Fuß und mit dem  Rad von Süden durch die Barriere Bahntrasse stark eingeschränkt ist. Deshalb soll laut LGS-Konzeption 2023/ 2024 im Zuge der Erneuerung der Eisenbahnbrücke über den Wachbach eine barrierefreie Querung für Fußgänger und Radfahrer hergestellt werden. Des Weiteren wird am Bahnhof eine niveaugleiche Querung der Gleise angestrebt. Kurze Wege und eine bessere Erreichbarkeit wichtiger Infrastrukturleistungen im Stadtgebiet können motorisierte Fahrten vemeiden und schließlich auch Emissionen reduzieren.

Insgesamt werden Fußgänger und Radfahrer mehr Raum erhalten, die Aufenthaltsqualität verbessert und die bestehenden sowie zukünftigen Wohnquartiere besser an die Innenstadt angebunden. Außerdem haben die Menschen ein grundlegendes Bedürfnis nach Ruhe – erst recht in einem Kurort. Dementsprechend werden zukünftige Fortschreibungen des Lärmaktionsplans das Thema schwerpunktmäßig behandeln.

Mit der Landesgartenschau-Konzeption wächst die Bedeutung des Bahnhof-Areals als Schnittstelle für die Mobilität der Zukunft. Hier erfolgt der Umstieg zwischen Zug und Bus, der Bahnhof ist mit Rad und zu Fuß gut erreichbar, Leih- und Sharingsysteme ergänzen das Angebot. Hier verknüpfen sich die Stadtbereiche nördlich und südlich der Bahngleise.

 

 

(Bild: Philipp Reinhard)